LysoSENS: Müll aus Zellen entfernen

Geschrieben von: Dennis Rudolph
Mittwoch, 23. Mai 2018 um 15:41 Uhr

Die Forschungseinrichtung SENS Research Foundation hat sieben Programme ins Leben gerufen, um den menschlichen Alterungsprozess sowie Maßnahmen dagegen zu beschreiben. In diesem Artikel geht es um LysoSENS zum Entfernen von Müll, der für Herzinfarkte und Schlaganfälle verantwortlich ist.

Das Problem

Proteine und andere Bestandteile unserer Zellen werden als Folge von biochemischen Unfällen beschädigt. Diese Unfälle treten während des ganz normalen Stoffwechsels auf. Zellen verfügen über unterschiedliche Systeme zum Abbauen und recyclen des dabei entstehenden ungewünschten Materials. Dabei kann der Müll beseitigt werden und das Rohmaterial wiederverwendet werden. Ein System dafür sind die Lysosomen, eine Art von zellularer Müllverbrennungsanlage, welche leistungsstarke Enzyme aufweist, um Moleküle in kleine, verwertbare Stücke zu verkleinern. Jedoch sind diese manchmal so stark miteinander verschmolzen, dass selbst die Lysosome diese nicht mehr trennen können. Und wenn selbst die Lysosomen es nicht zersetzen können, dann kann dies auch nirgendwo sonst mehr geschehen. Die Abfälle bleiben dann dort bis das Lysosom katastrophal zerreißt oder die Zelle selbst zerstört wird.

Über die Zeit sammelt sich das nicht abbaubare Material immer weiter an und seine ansteigende Menge beginnt die Funktionsfähigkeit der Lysosomen zu behindern. Dies ist besonders ein großes Problem für Zellen, die über die gesamte Lebenszeit im Körper sind, zum Beispiel Herzzellen, Zellen der Augenrückseite oder auch Nervenzellen im Gehirn oder an anderen Stellen. Natürlich wird mit zunehmender Verschlechterung im Müllsystem die Funktion der gesamten Zelle gestört. Sobald mehr und mehr Zellen über die Zeit gestört werden, treten zunehmend Alterskrankheiten auf.

Auch muss man bedenken was mit Makrophagen passiert, also zum Beispiel Zellen des Immunsystems, welche verantwortlich für den Schutz der Blutgefäße vor Schäden von giftigen Nebenprodukten des Cholesterins sind. Makrophage bedeutet dabei „großer Esser“ und diese Zellen beschützen unsere Arterien durch schlucken dieses giftigen Materials und dem Senden dieser zu den Lysosomen, wo sie verdaut und in nützliche Rohmaterialien zerlegt werden. Mit der Zeit verarbeiten die Makrophagen mehr und mehr dieses giftigen Materials und verstopfen an den Nebenprodukten, welche sie nicht aufspalten können. Deren Funktion lässt mit der Zeit nach, ihre Funktion wird gestört oder sie sterben ab. Der Aufbau von kranken und sterbenden Makrophagen in der Arterienwand führt zu Arteriosklerose, die Plaques in den Arterien führen zu Herzerkrankungen. Diese nehmen mit der Zeit immer weiter zu, Herzinfarkte und Schlaganfälle sind die Folgen.

Ebenso ist die Unfähigkeit bestimmter Zellen zum Aufspalten manchen Zellmülls ein wichtiger Faktor bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson sowie Makuladegeneration (der Hauptgrund für das Erblinden von Menschen über 65 Jahren). Es ist also sehr wichtig den Müll, der sich über die Jahrzehnte in diesen langlebigen Zellen hartnäckig aufgebaut hat, zu entfernen.

Die Lösung

Da das Kernproblem darin besteht, dass die Lysosomen nicht in der Lage sind diesen hartnäckigen Müll abzubauen, wäre die direkte Lösung ein neues Enzym zum Abbau dieses Mülls bereitzustellen. Glücklicherweise wissen wir, dass es Enzyme gibt, die genau dies können. Sie finden sich in Bodenbakterien und Pilzen, die beim Abbau toter Körper mitwirken. Würden diese Enzyme nicht existieren, dann wäre die Erde längst von lysosomalen Müll der letzten 600 Millionen Jahre an Tiergeschichte überschwemmt worden. Die Idee ist also diese Enzyme zu finden, diese etwas anzupassen um im Menschen arbeiten zu können und sie in die Zellen zu bringen.

Es gibt auch bereits einen guten Nachweis für die Machbarkeit dieser Idee zur Nutzung von Enzymen zur Behandlung von Krankheiten, ausgelöst durch Ansammlungen von lysosomalem Müll. Eine Enzymersatztherapie bei Menschen mit lysosomalen Speicherkrankheiten. Lysosomale Speicherkrankheiten wie die Gaucher-Krankheit sind seltene, angeborene Störungen, bei denen Menschen die Fähigkeit zum Abbau bestimmter Müllsorten fehlt, welche normale Menschen besitzen. Den Betroffenen fehlen die Gene für die entsprechenden Enzyme oder diese funktionieren auf Grund von Genmutationen nicht richtig. Vielen der Kranken kann inzwischen geholfen werden, indem man ihnen die entsprechenden Enzyme spritzt. In Zukunft soll die Behandlung verbessert werden, in dem man durch Gentherapie die betroffenen Zellen die Enzyme selbst wieder herstellen lässt.

Genau dieses Konzept müsste man auf altersbedingte Krankheiten übertragen, die durch das Vermüllen der Makrophagen im Laufe der Zeit entstehen. Eine solche Therapie würde Enzyme bereitstellen, die in der Lage wären, die giftigen Produkte abzubauen. Noch gesunde Makrophagen wären besser dazu in der Lage giftiges Material von den Arterienwänden abzubauen und kranke Makrophagen – die an Plaques leiden – könnten sich befreien. Die Entstehung neuer Plaques würde verhindert, vorhandene würden sich zurückbilden und die kranken Arterien könnten heilen. Dieses Konzept würden sich in ähnlicher Weise auf den Verlust von Zellen im hinteren Teil des Auges anwenden lassen, die zum Sehverlust durch Makuladegeneration führt. Auch die Wiederherstellung der normalen Funktion von Neuronen bei Alzheimer, Parkinson und anderen neurologischen Störungen wäre möglich.

Von SENS finanzierte Forschung:
Abbau von A2E: Die altersbedingte Makuladegeneration ist die am weiteste verbreitete Ursache für die Erblindung von Personen über 65 Jahren. Diese wird verursacht oder verschlimmert durch die Ansammlung von A2E (einem giftigen Nebenprodukt des Vitamin-A-Metabolismus) in den Zellen der Retina. Den Lysosomen gelingt die Aufspaltung nicht und es sammelt sich im Laufe der Zeit in den Lysosomen der retinalen Pigmentepithelzellen an, bis diese überlastet werden, ihre Funktion einstellen und das Sehvermögen verloren geht. Enzyme zum Abbau von A2E würden also die regenerative Behandlung ermöglichen. Forscher am eigenen Forschungszentrum testen Enzyme von privaten Bibliotheken und öffentlichen Sammlungen auf ihre Fähigkeit die Zellen vor A2E zu schützen.

Abbau von 7-Keto-Chloesterin: Arteriosklerose ist die Ursache der meisten Herzinfarkte und Schlaganfälle und resultiert aus der Ansammlung von Cholesterin (uns insbesondere von oxidierten Nebenprodukten von Cholesterin) in Immunzellen, welche die Integrität der Arterien gewährleisten. Vermutlich das wichtigste dieser oxidierten Cholesterin-Nebenprodukte ist das 7-keto-Cholesterin. Forscher am Forschungszentrum haben mehrere Enzyme identifiziert, welche 7-keto-Cholesterin aufspalten, und diese Ergebnisse bilden nun die Basis für externe Arbeiten an LysoSENS an der Rice Universität.

Forschung an externen Zentren:
Um die jugendliche Funktion von Zellen wiederherzustellen, deren altersbedingter Ausfall Alterskrankheiten zu Grunde liegt, müssen wir diese von den Rückständen befreien, welche sich mit dem biologischen Alter ansammeln. An der Rice Universität finanziert SENS Forschungen mit dem Ziel natürliche Enzyme zu finden, zu testen und zu verbessern, welche diese Rückstände abbauen, um diese Fähigkeit auch unseren Zellen zu geben. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Arteriosklerose. Kürzlich hat das Team an der Rice Universität zeigen können, dass ein Enzym des Bodenbakteriums „Chromobacterium“ sp. DS1 effizient 7-keto-Chloesterin abbaut und die menschlichen Zellen vor dessen Toxizität bewahrt.

Sonstiges:
Letzte Aktualisierung der Übersetzung: 08.12.2015
Englische Version unter http://sens.org/research/introduction-to-sens-research/intracellular-junk

Wichtig: Diese Website ist kein offizieller Teil der SENS-Forschung. Im Zweifel bitte die englische Original-Version benutzen.

Alle Programme: AmyloSENS, LysoSENS, GlycoSENS, OncoSENS, MitoSENS, RepliSENS und ApoptoSENS

Wer ist online

Wir haben 9 Gäste online